Feuer im Körper – Entzündung unterhalb der Wahrnehmungsgrenze
Es gibt zwei Arten von Entzündungen. Erstens die „klassische“ Entzündung, die die Reaktion hervorruft, die wir mit den fünf Symptomen Hitze, Rötung, Schwellung, Schmerz und Funktionseinschränkung in Verbindung bringen. Zweitens die stille oder zelluläre Entzündung, die unterhalb der Schmerzwahrnehmung liegt und bei der es nicht zu den genannten Symptomen kommt. Daher bleibt diese Entzündung unbemerkt, weshalb auch von einer „Stillen Entzündung“ die Rede ist.
Die erstgenannte Entzündung ist ein überlebenswichtiger Abwehrmechanismus unseres Körpers, um Krankheitserreger und Fremdstoffe zu bekämpfen und abzuwehren. Dringen schädliche Substanzen durch eine Wunde in den Körper ein, wird das Immunsystem aktiviert: Abwehrzellen setzen unterschiedliche Stoffe frei. Sie bewirken, dass sich die Gefäße weiten, um den Bluttransport hin zum verletzten Gewebe zu optimieren. Mit dem Blut gelangen weitere Abwehrstoffe dorthin und unterstützen die Heilung. Das Areal um die Entzündung wird durch den erhöhten Blutzustrom rot und warm – zwei der klassischen Entzündungssymptome.
Ende einer Entzündung ist entscheidend
Hat die Entzündung die schädlichen Substanzen erfolgreich bekämpft, stößt das Immunsystem antientzündliche Mechanismen an, um die akute Entzündung wieder zu beenden. Das rechtzeitige Ende einer Entzündung ist ebenso wichtige wie deren „Anspringen“. Denn falls es nicht zum erwünschten Ende kommt, dann wird das Ganze chronisch. Eine chronische Entzündung führt zwangsläufig zu destruktiven Prozessen im Körper.
Die zelluläre oder stille Entzündung ist typischerweise ebenfalls chronisch. Doch das Feuer im Körper bleibt, da ohne sichtbare Entzündungszeichen, unerkannt. Die zelluläre Entzündung schwelt vor sich hin und gilt als auslösende Ursache für chronische Krankheiten, da sie die hormonellen Signalnetze im gesamten Körper stört.
Folgen einer Stillen Entzündung
Die unentdeckte Entzündung kann schwerwiegende Probleme im Körper versuchen und ist oftmals Auslöser oder Mitverursacher einer ganzen Reihe von Erkrankungen wie:
- Depressive Verstimmungen
- Schlafstörungen
- Metabolisches Syndrom
- Adipositas
- Typ II Diabetes
- Chron. Kopf-, Muskel- und Gelenkschmerzen
- Wiederkehrende Infekte
- Arteriosklerose
- Nicht Alkoholische Fettleber (NAFL)
- Autoimmunerkrankungen, z.B. Multiple Sklerose oder Sarkoidose
- Neurodegenerative Erkrankungen, wie Parkinson, Alzheimer
- Tumorerkrankungen
- Long- Post-Covid-Syndrom
Definition der zellulären Entzündung
Zelluläre Entzündungen sind definiert als erhöhte Aktivität des Nuclear Factor-kappaB (NF-κB). Dieser sogenannte Gen-Transkriptionsfaktor ist in jeder Zelle vorhanden; er aktiviert die Entzündungsreaktion des angeborenen Immunsystems. Es gibt mehrere extrazelluläre Ereignisse, durch die NF-κB aktiviert werden kann. Dazu gehören:
- die mikrobielle Invasion, die von Toll-like-Rezeptoren (TLR) erkannt wird. Hinsichtlich unserer Ernährung ist insbesondere TLR-4 empfindlich gegenüber gesättigten Fettsäuren. Gut zu wissen: die Bindung von gesättigten Fettsäuren an TLR-4 kann durch Omega-3-Fettsäuren wie EPA gehemmt werden.
- die Bildung reaktiver Sauerstoffspezies (ROS), die entweder durch ionisierende Strahlung oder durch übermäßige Bildung freier Radikale entstehen.
- die zelluläre Bildung entzündlicher Eicosanoide. Essentielle Fettsäuren sind die stärksten Modulatoren von NF-κB. Insbesondere die Omega-6-Fettsäure Arachidonsäure (AA) aktiviert NF-κB. Einiges deutet darauf hin, dass eine Untergruppe der Eicosanoide, die so genannten Leukotriene, die sich von AA ableiten, eine wichtige Rolle bei der NF-κB-Aktivierung spielen könnten.
- die Interaktion mit entzündlichen Zytokinen über bestimmte Zelloberflächenrezeptoren. Das wichtigste Zytokin, das NF-κB aktiviert, ist der Tumor-Nekrose-Faktor (TNF).
Der Prozess einer Silent Inflammation am Beispiel des Verdauungstraktes
Eine Ursache der Stillen Entzündung sind beispielsweise bakterielle Lipopolysaccharide (LPS). Wenn diese als Zellwand-Bestandteile bestimmter Darmbakterien vermehrt in den Blutkreislauf eindringen, können sie die Entzündungsfaktoren im Körper erhöhen.
Unser Darm ist dicht mit Bakterien besiedelt, die uns bei der Verdauung unterstützen und uns vor Krankheiten schützen. Doch auch das Leben dieser fleißigen Helfer ist endlich. Sterben die Bakterien ab, wird das LPS aus der Zellwand freigesetzt.
Normalerweise scheiden wir die LPS auf natürlichem Wege aus. Doch ist die Darmschleimhaut geschädigt, können die LPS in den Blutkreislauf gelangen. Der anhaltende Einstrom geringer Mengen an LPS ist so niedrig, dass das Immunsystem keine Maßnahmen ergreift, um die Entzündung zu beenden. Die Silent Inflammation läuft unterschwellig und ungebremst weiter. Durch die Dauerstress-Situation für das Immunsystem tritt früher oder später eine Immunblockade ein.
Die Folge: das Immunsystem wehrt Angreifer wie Viren nicht mehr effektiv ab. Infektionen können chronifizieren. Killerzellen töten entartete Zellen nicht mehr zuverlässig ab und die Tumoranfälligkeit steigt.
Ursachen einer durchlässigen Darmschleimhaut
Die Hauptfunktion unseres Darms ist, die Nahrung zu verarbeiten und die gewonnenen Nährstoffe in den Körper zu schleusen. Im Darm tummeln sich aber auch Schadstoffe und Krankheitserreger, die nicht in den Körper gelangen dürfen, da sie dort schwerwiegende Erkrankungen auslösen können.
Die Darmschleimhaut verfügt über Schleusen, über die geregelt wird, welche Stoffe in den Blutkreislauf gelangen und welche nicht. Ist die Barrierefunktion der Darmschleimhaut gestört können schädliche Stoffe in den Blutkreislauf gelangen. Man spricht von einem Leaky-Gut-Syndrom, einem durchlässigen Darm.
Falsche Ernährung, mangelnde Bewegung, Allergene, Umweltschadstoffe und chronischer Stress schädigen die Darmschleimhaut und können ein Leaky-Gut auslösen. Auch das bakterielle LPS kann nun ungehindert in den Blutkreislauf gelangen und dort die Entstehung einer Silent Inflammation begünstigen. Die Silent Inflammation schädigt auf Dauer den Körper und fördert weitere Erkrankungen.
Auch depressive Verstimmungen sind eine mögliche Folge, da sich die stille Entzündung negativ auf den Tryptophan-Stoffwechsel auswirken kann (die essentielle Aminosäure Tryptophan ist entscheidender Ausgangsstoff für die Produktion des Glückshormons Serotonin). Eine Silent Inflammation führt zu einem gesteigerten Verbrauch des Tryptophans. Diese Aminosäure widerum ist wichtig für die Bildung von Serotonin. Steht nicht mehr ausreichend Tryptophan zur Verfügung, kommt es zu einem Serotonin-Mangel.
Die Stillen Signale des Körpers erkennen
Da bei einer Silent Inflammation die Symptome einer klassischen Entzündung fehlen, bleibt sie lange unbemerkt und folglich auch unbehandelt.
Dennoch gibt es erste Anzeichen, die auf eine Silent Inflammation bzw. Zelluläre Entzündung hindeuten können. Sie treten mit auffallender Häufung auf, bevor es zu den oben genannten Folgeerkrankungen kommt:
- Energiedefizit
- Müdigkeit
- Wiederkehrende Erkältungen
- (neue) Nahrungsmittelunverträglichkeiten
- Schlafstörungen
Was tun, wenn es unterschwellig brennt?
Eine Reduktion von stillen Entzündungen setzt meist voraus, den Lebensstil zu ändern. Dazu gehören eine gesunde Ernährung, regelmäßige körperliche Betätigung, Stressbewältigung und der Verzicht auf Giftstoffe.
- Eine Ernährung, die reich an Obst und Gemüse, magerem Eiweiß und gesunden Fetten ist, kann dazu beitragen, die Entzündung im Körper zu verringern. Siehe auch hier…
- Außerdem kann regelmäßige Bewegung dazu beitragen, Entzündungen zu verringern und die allgemeine Gesundheit zu verbessern.
- Stressbewältigungstechniken wie Yoga, QiGong und Meditation können ebenfalls dazu beitragen, Entzündungen im Körper zu verringern.
- Es ist auch wichtig, die Belastung durch Giftstoffe zu begrenzen, einschließlich Umweltgiften und Chemikalien, die in verarbeiteten Lebensmitteln und Körperpflegeprodukten enthalten sind.
- Bestimmte Nahrungsergänzungsmittel und Nutrazeutika können stille Entzündungen ebenfalls reduzieren, darunter Omega-3-Fettsäuren, Curcumin, Quercetin und Resveratrol.
Entzündungsherde von mehreren Seiten angehen
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es sich bei einer zellulären bzw. stillen Entzündung um eine chronische, niedrig gradige Erkrankung handelt, die ohne erkennbare Symptome auftritt, dem Körper jedoch mit der Zeit erheblichen Schaden zufügen kann. Sie wird durch eine Vielzahl von Faktoren verursacht, darunter falsche Ernährung, Bewegungsmangel, Stress und die Belastung durch Giftstoffe. Um eine stille Entzündung zu bekämpfen, ist es wichtig, die Lebensweise zu ändern, um die Entzündung im Körper zu verringern. Dazu gehören eine gesunde Ernährung, regelmäßige körperliche Betätigung, Stressbewältigung und die Vermeidung von Giftstoffen.
Gerne unterstützen wir Sie in der equalance Naturheilpraxis bei Fragen zur stillen Entzündung, wie z.B. liegt bei mir eine zelluläre Entzündung vor? Stehen vorhandene gesundheitliche Beeinträchtigungen im Zusammenhang mit einer stillen Entzündung? Was kann ich dagegen tun?
Beispielsweise gehen wir mit Laboranalyse und BioThermografie auf Spurensuche. Wir helfen ihnen dabei, den Verdauungstrakt, Leber und Bindegewebe zu sanieren, um auf diese Weise zentrale Auslöser von Stillen Entzündungen auf Reset zu stellen.
Literatur
- Sears B.: Anti-inflammatory Diets. J Am Coll Nutr. 2015; 34 Suppl 1:14-2. PMID: 26400429, DOI: 10.1080/07315724.2015.1080105
- Palanisamy A. et al.: Role of Antioxidants and Natural Products in Inflammation. Oxid Med Cell Longev. 2016.; 2016:5276130. DOI 10.1155/2016/5276130. Epub 2016 Oct 10. PMID: 27803762
- Khutami C. et al.: The Effects of Antioxidants from Natural Products on Obesity, Dyslipidemia, Diabetes and Their Molecular Signaling Mechanism. Int J Mol Sci. 2022 Feb 12; 23(4):2056. doi: 10.3390/ijms23042056. PMID: 35216172
- Sears B. The Anti-Inflammation Zone. Regan Books. New York, NY, 2005.
- Sears B. Toxic Fat. Thomas Nelson. Nashville, TN, 2008.
- Sears B.; Riccordi C.: Anti-inflammatory nutrition as a pharmacological approach to treat obesity. J Obesity doi:10.1155/2011/431985, 2011.
- Camandola S. et al.: Nuclear factor kB is activated by arachidonic acid but not by eicosapentaenoic acid. Biochem Biophys Res Commun 229:643-647, 1996.
- Sears DD et al.: 12/15-lipoxygenase is required for the early onset of high fat diet-induced adipose tissue inflammation and insulin resistance in mice. PLoS One 4: e7250, 2009.
- Chakrabarti SK. Et al.: 12/15-lipoxygenase products induce inflammation and impair insulin signaling in 3T3-L1 adipocytes. Obesity 17: S. 1657-1663, 2009.
- Min JK. Et al.: TNF-related activation-induced cytokine enhances leukocyte adhesiveness: induction of ICAM-1 and VCAM-1 via TNF receptor-associated factor and protein kinase C-dependent NF-kappaB activation in endothelial cells. J Immunol 175: 531-540, 2005.
- Kim JJ.; Sears DD.: TLR4 and Insulin Resistance. Gastroenterol Res Pract doi: 10./2010/212563, 2010.
- Bubici C, et al.: Mutual cross-talk between reactive oxygen species and nuclear factor-kappa B: molecular basis and biological significance. Oncogene 25: 6731-6748, 2006.
Autoren: Dr. Andreas Wies (HP) equalance Naturheilpraxis, München 2023.